Heimatbegriff:
"Bei einer Situationsanalyse geht es darum, Informationen über den aktuellen Zustand, die Ist-Situation, zusammenzutragen und zu durchleuchten. Sie führt zu einem Verständnis der eigenen Verortung." (Zitat aus: Feldes Handbuch Integrationsvereinbarung, Bund-Verlag)
Am Wochenende feierte der "Künstlerhof" in Rottenburg sein 7. Künstlerhoffest und lud mich ein, mich mit einer kleineren Arbeit zu beteiligen. Das habe ich dann auch gerne gemacht. Ein Teil aus dem Zyklus 'Zielfindung' stand als 'Situationsanalyse' (s.o.) auf dem ehemaligen Spitalhof. Die aus sechs Armierungseisen und Stahlrohren bestehende Installation visierte Details des Künstlerhofgeländes an und ihr Schatten tastete im Verlauf des Tages ähnlich einer Sonnenuhr den umliegenden Platz ab. Die Sonne spielte auch hervorragend mit, teils mehr als gewünscht: höchstsommerliche Temperaturen luden die Besucher zum längeren Verweilen in den schattigen Ateliers ein und zauberten glückliche Lächeln in die Gesichter ihrer Besitzer. Der sonnendurchflutete Hof blieb dagegen ein Spießrutenlauf für alle Unbehüteten. Und trotz flehender Bitte des beliebten Lokalmatadors Thomas Felder, ihn beim schwäbischen Singen und Philosophieren nicht auf leere Bänke schauen zu lassen, flüchteten selbst die ganz Hartgesottenen schließlich in den rettenden Schatten. Der allerbeste Tip dabei war der Gewölbekeller am Eingang zum Gelände, den der junge aus Eritrea stammende Gastkünstler Henok Michael bespielte. Und zwar nicht allein aufgrund der in seinem Inneren gut tuenden dunklen Kühle, sondern vor allem wegen seiner sensiblen, dort an die Klinkerwand projizierten 23minütigen Videoinstallation. Sehenswert! (www.henokmichael.de ist leider noch im Aufbau)
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Seit sieben Jahren besteht meine Künstlerische Zusammenarbeit mit Nikolaus Heyduck. "Sturmfrei" ist eine wunderbare Chance, gemeinsam eine Woche lang intensiv an neuen Klangfindungen zu arbeiten. Dabei wird alles in Betracht gezogen, was in unser Blickfeld fällt: ausgebrannte Glühbirnen, Plastikschläuche, Tonscherben, leergetrunkene Flaschen, gebrochene Vorderachsenfeder - alles hat seinen Klang - und wir finden ihn.
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Die darmstädter Saxophonistin Susanne Resch nahm die Klinke von Vitold Rek in die Hand und versetzte als nächste gemeinsam mit uns das Künstlerhaus zum Schwingen (Abb. li. mit Nikolaus Heyduck). Susanne ist u.a. Instrumentallehrerin an der MusikSchule Frankfurt und leitet dort den Fachbereich Holzbläser. Ich schätze sie nicht nur als liebeswerte Freundin, sondern auch als einfallsreiche Improvisatorin zeitgenössischer Musik. Obwohl wir uns schon lange kennen, war "Sturmfrei" unsere erste gemeinsame Klangexpedition. Die gebürtige Freiburgerin verfiel augenblicklich in ihren muttersprachlichen süddeutschen Akzent (habe ich bis dahin noch nie bei ihr gehört) und war von Anfang an begeistert von Horb. Sie sprudelte jeden Tag vor neuen Ideen, die sie hier realisieren möchte. Da Susanne auch multimediale Projekte mit Tanz und mit Sprache entwickelt, wurde unser "Workshop" um diese Elemente erweitert und bezog auch Aussenstehende mit ein. Als Susanne nämlich das vor dem Künstlerhaus stehende Denkmal für Sebastian Lotzer entdeckte, beschloss sie spontan, das dort eingemeiselte Zitat zu vertonen. Sie bat kurzerhand die Bauarbeiter, die gerade mit dem Abriss der beiden denkmalgeschützten Scheunen in der Wintergasse beschäftigt waren, dieses Zitat mit hiesigem Dialekt vorzulesen. Anfangs etwas skeptisch, doch schließlich gerne sprachen die Männer in unser Mikro: "Darumb erfindt sich mit der Geschryfft, dass wir frey seyen und woellen seyn." Diese Worte beschäftigten uns einen ganzen Nachmittag lang. Die Vertonung Horbs rückt also wieder ein Stück näher! Die vier Tage reichten bei weitem nicht aus, alles auszuprobieren, was uns in den Sinn kam. Auch diese Zusammenarbeit muss also fortgesetzt werden.
Und nicht nur mit Susanne, sondern auch mit Peter Nikol aus Horb-Neckarhausen (Abb. o. 2. v.r.). Peter baut nicht nur fantasievolle Keramiköfen und Feuerstellen, er ist auch ein extrem vielseitiger Perkussionist. Nikolaus und ich nutzten schon im Juni die Gelegenheit, mit Peter zu improvisieren. Unser "Sturmfrei-Experimental-Trio" an einem Abend zum Quartett zu ergänzen, lag uns allen also auf der Hand. Mit seinen Öfen wie seinen Congas ist Peter bekannt in Horb wie ein bunter Hund. Aber wer wußte schon, dass er auch ein begnadeter Tango-Tänzer ist? Ja, genau so wie Susanne auch. Und ganz ohne Musik, den Rhythmus im Blut, zeigten die beiden uns in einer Pause mal eben was 'ne Harke ist - oder wie die Figuren beim Tango halt so heißen.
Wird fortgesetzt!
Siehe dazu das youtube-Video "No TanGo". (Abb. re.)
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Wenn Vitold Rek (u.re.) zu uns kommt, wird jeder Raum gleich ganz ausgefüllt. Nicht nur aufgrund des Umfangs seines Musikinstruments, sondern auch des weittragenden Klanges seiner preisgekrönten Spielweise wegen. Daher ist es wunderbar, dass soviel Raum uns derzeit auch zur Verfügung steht. Vitold ist ein mehrfach ausgezeichneter Jazzbassist, den ich vor wenigen Jahren bei einem Auftritt kennengelernt habe. Sofort entstand damals die Idee, Gemeinsames mit Elektroakustik auszuprobieren. Mehrfach haben wir seit dieser Zeit zu dritt gespielt und improvisiert. Einige bemerkenswerte Aufnahmen sind dabei herausgekommen. Und im letzten Jahr standen wir bereits gemeinsam auf der Bühne beim FRÄNKYART-MedienkunstFestival in Weingarten (Baden).
Vitold spielt zur Abwechslung auch schon mal eine kleine Mandoline und liebt über alles, was Horb kulinarisch zu bieten hat, die Kutteln, die Frau Gessler im "Schiff" zubereitet.
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Da meine beiden Kollegen Peter und Simon nach einem Jahr ausgezogen sind, habe ich nun sturmfrei, bis die beiden Neuen sich im Künstlerhaus häuslich einrichten.
Die beiden ersten lieben Kollegen und Freunde, die mit mir also gleich hier in Klausur gegangen sind, kamen direkt vom Südtirol Jazzfestival Alto Adige 2013 nach Horb. Michael Rieth ist ein bekannter Musikjournalist und -kritiker. Sein Aufenthalt in Südtirol war nicht zufällig, denn Michael ist seit Jahrzehnten einer der größten Kenner der Jazz-Szene und hatte als solcher den Auftrag, über das Festival zu schreiben. Zudem als studierter Philosoph vermochte er uns das ganze Wesen des Jazz-Festivals und Jazz' als solcher virtuos und höchst amüsant nahezubringen. Aber Michael ist auch Dramaturg und großartiger Sprecher und erweitert mache Theater-Produktion durch seine Texte.* Seine Partnerin Marie-Luise Thiele ist die Leiterin und Choreografin des Freien Tanztheaters Frankfurt (FTTF). Neben großartigen Tanztheaterstücken für Frankfurter Bühnen konzipiert sie auch experimentelle Raumbespielungen und genreübergreifende synästhetische Performances. Und das ist auch u.a. der Grund, warum ich sie so gerne hier haben wollte. Denn seit längerem schwebt mir ein solches gemeinsames Projekt auf dem Gelände des Künstlerhauses vor. Gemeinsam mit meinem Klangkunst-Partner Nikolaus Heyduck (o. re.), dem Vierten in diesem Bunde, wurden auch gleich die ersten Ideen entwickelt und gesponnen. Fortsetzung folgt... P.S. Ja! Und sie folgte hier am 30. August 2014: "...das wir frey seyen...", eine experimentelle Raumbespielung
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